THEATER

WO STEHT DEIN MAULBEERBAUM?
Vom Auswandern und noch nicht ankommen.

„Wenn man von seinem eigenen Land einmal weggegangen ist, dann kommt man in keinem neuen Land mehr an. Dann werden nur manche besonderen Menschen dein Land“, so hat die Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar einmal die Gefühlslage der Ausgewanderten in Europa beschrieben. Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie anderswo auf ein besseres Leben hoffen. Doch dort angekommen, sind sie längst nicht angekommen: auf der Suche nach Anerkennung, Chancen, einem Stück neuer Identität. Sie sind Menschen, die ihre Wurzeln gekappt haben, ohne dass ihnen starke neue wachsen. Das Theaterstück Wo steht dein Maulbeerbaum? der jungen Theatermacherin Tamó Gvenetadze erzählt von den vielleicht utopischen Vorstellungen der Emigrant*innen, die diese Menschen nach Europa treiben – und wie sie hier zerstört werden. Ob es sich dabei um die Hoffnungen der georgischen Rockband Soft Eject handelt, die in den 1990er-Jahren in Berlin und Bochum eine neue musikalische Heimat suchte, oder um die Erlebnisse junger Menschen, die heute hierherkommen, als Kriegsgeflüchtete oder Au-pairs. „In Europa ist es warm.“ „In Europa wird es mir gutgehen.“ „In Europa kann ich alles werden.“ „In Europa werden die Träume war.“ Es ist möglich, in Europa eigene Träume wahr werden zu sehen. Doch die Frage ist: Wie hoch ist der Preis? Der Preis ist sehr hoch. Ein Theaterabend über die Erfahrungen der in Europa Immigrierten – ehrlich, persönlich, voller Zorn und Sehnsucht.

Premiere am 7.01.2023

„Der „Maulbeerbaum“ ist ein Abend der leisen, nachdenklichen Töne.“
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Sven Westernströer

Was nie so leicht kaputt geht ist das, was Gvenetadze unheimlich feinfühlig in ihrem Stück thematisiert und was jedem Menschen Stärke gibt: Freundschaft und Liebe.“ 
junge bühne, Martina Jacobi

„Nach erfolglosen Versuchen, einen Maulbeerbaumschößling in den Beton des Bühnenraums zu pfanzen, wird Risto Kübar mit halbtransparenter Plastikfolie in einen abgegrenzten Bereich eingeschlossen. «Lass mich doch hier zu Hause sein», ist der Wunsch. Integration fndet nicht statt, nur Ausgrenzung. Die dennoch nicht resignative Schlussfolgerung wird auf die Folie gesprüht: «Exil ist harte Arbeit.» Für diese Bochumer Inszenierung hat sie sich gelohnt.“ 
Theater heute, Gerhard Preußer

Regie: Tamó Gvenetadze. Bühne: Anna Wörl. Kostüm: Lasha Iashvili. Dramaturgie: Vasco Boenisch. Musik: Beka Buchukuri.
Mit: Marius Huth, Risto Kübar, Mercy Dorcas Otieno.

Weitere Vorstellungen: 11.06, 17.06, 23.06.2023 (Letzte Vorstellung).

DIE TAGE, DIE ICH MIT GOTT VERBRACHTE

Im immer gleichen Rhythmus wechselt ein Mann zwischen Arbeits- und Familienleben. Bei einer Pause im Park fängt es an: Er wird beinahe von einem Globus erschlagen. Seltsam. Doch noch seltsamer wirkt sein Retter auf ihn. Als ihn Regenwolken bis ins Badezimmer verfolgen, erkennt der Mann, dass es sich bei diesem Fremden um niemand Geringeren als Gott handelt. Der Mann fängt an, Gott zu fragen, warum es das Böse gibt und weshalb die Schöpfung nicht besser gelungen ist. Doch Axel Hackes Gott ist nicht allwissend und schon gar nicht unfehlbar. Was er erschaffen hat, kann er nicht mehr zurücknehmen. Gott ist eher ein Künstler, der die Einsamkeit des Universums satt hat und nachschauen möchte, was aus seiner Schöpfung geworden ist. Er nimmt den Mann mit auf eine Entdeckungsreise zu den so oft übersehenen Schönheiten der Welt. Doch Gott muss erkennen, dass auf dieser Welt mehr im Argen liegt, als er dachte. Der philosophische und humorvolle Text erzählt über das Leben und Scheitern. 

Für diese Produktion wird eine neue Perspektive geöffnet: Der Blick von der Hinterbühne in die Weiten des Zuschauerraums. Um das zu ermöglichen, wurden die Aufführungen auf die ganze Spielzeit verteilt. Gott, gespielt von Jürgen Kaczmarek, kommt 12 Mal ins Schlosstheater.

„Was Meinolf Steiner als „Mann“ und Jürgen Kaczmarek als „Gott“ da über 80 Minuten auf die Bühne, oder eher in den Zuschauerraum brachten, ist ein großes Stück Theater.“ Jürgen Poestges, CZ

Premiere am 09.10.2022

Regie, Video, Musik: Tamó Gvenetadze. Bühne und Kostüm: Anna Wörl. Dramaturgie: Matthias Schubert.
Mann: Meinolf Steiner. Gott: Jürgen Kaczmarek.

Weitere Vorstellungen: 12.05.2023 (Letzte Vorstellung)

SCHRECKLICH AMÜSANT –
ABER IN ZUKUNFT OHNE MICH

nach David Foster Wallace.

Mit Corona kam auch die boomende Kreuzfahrtschifffahrt vorläufig zum Erliegen. Doch inzwischen wird wieder um die verunsicherte Kundschaft geworben: „Bleiben Sie unter sich: Rundumsorglos – an Bord und an Land.“

Für manche klingt das mehr wie eine Drohung. Eine siebentägige Luxuskreuzfahrt in der Karibik zum Beispiel – für David Foster Wallace kann es keine kürzere Definition für die Hölle geben. Im Auftrag von Harper’s Magazine ging der berühmte US-Autor Mitte der Neunziger an Bord der Zenith und stach von Key West aus in See. Ein Selbsterfahrungstrip besonderer Güte. Und ein grandioser Reisereport, der seit Jahren auf den Bestsellerlisten steht: Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich.

Wallace begibt sich in die kundigen Hände der Schiffscrew, deren Slogan „Your Pleasure is our Business“ (Ihr Vergnügen ist unser Geschäft) bisweilen einen drohenden Unterton annimmt. Er kämpft gegen die Angst, von einer ungemein effizienten Unterdruck-Toilette entsorgt zu werden. Er nimmt am Wettbewerb um die schönsten Männerbeine teil. Er beobachtet 500 amerikanische Leistungsträger*innen beim Ententanz. Und er hört erwachsene Menschen am Info-Counter fragen, ob man beim Schnorcheln nass wird, ob die Crew ebenfalls an Bord schläft oder um welche Uhrzeit das Mitternachtsbüffet eröffnet wird.

Eine Woche lang macht Wallace alles mit, was das Bordleben für den erholungsbedürftigen Urlauber bereithält. Umgeben von Jubel, Trubel und Heiterkeit, wird er selber zunehmend stiller und beginnt, sich in seiner Kabine einzuigeln. So gerät diese Reise übers Meer auch zu einer berührenden Reise zu sich selbst. Doch man muss sich den Dingen stellen und vor allem dem, was für andere Menschen die schönste Zeit des Jahres bedeutet.

David Foster Wallaces so komische wie einfühlsame Beobachtungen über das Leben an Bord einer schwimmenden Hochzeitstorte, über eigentümliche Reisegenoss*innen, unvergessliche Landgänge, den Terror des Amüsierzwangs sowie die eignen Zweifel und Ängste nannte die FAZ ein

„Meisterstück der literarischen Reportage“ und Harald Schmidt schlicht „ein grandioses Buch“. Jetzt als großes Schauspieler-Solo. Leinen los – oder will doch noch jemand zu Hause bleiben?

Regie: Tamó Gvenetadze. Bühne: Anna Wörl. Dramaturgie: Vasco Boenisch.
Kostüme: Sofia Dorazio Brockhausen. Musik: Beka Buchukuri.
mit: Stefan Hunstein.

Weitere Vorstellungen: 05.05, 26.05.2023 (Letzte Vorstellung in der Spielzeit 2022/2023).

DIE SCHILDKRÖTE HAT GEBURTSTAG

Die Schildkröte hat Geburtstag. Am liebsten hätte sie einen Salatkopf. Groß. Grün. Saftig. Ob wohl einer daran denkt? Der Löwe kommt und schenkt ihr ein Stück Fleisch, der Elefant einen Eimer Wasser. Und so geht es bis zum Abend. Da hört die Schildkröte eine kleine Stimme. Es ist die Maus mit einem großen Paket…

Einrichtung: Tamó Gvenetadze. Kostüme: Tanja Maderner.
Mit: Konstantin Bühler, Hanna Hilsdorf, Lukas von der Lühe.

TATTOO

Nach Igor bauersima.

„Ich würde dich nie verkaufen!“
„Und das sagst Du jetzt nicht einfach so?“
„Nein!“


Lea hat hohe Ideale und feste Prinzipien, sie ist nicht korrumpierbar, genauso wie ihr Freund Fred. Vielleicht gibt sie deswegen ihrem besten Freund Tiger im Rausch so leichtfertig ein Versprechen. Aber viel früher als erwartet müssen die arbeitslose Schauspielerin und der erfolglose Schriftsteller die Konsequenzen dafür tragen und sich zwischen Geld und Moral entscheiden. Was ist ein Versprechen wert? Wie lange gelten „immer“ und „nie“? Bis zum Tod oder auch darüber hinaus? Welchen Wert hat Freundschaft? Wollen wir nicht alle einfach einen guten Freund haben?

Regie, Bühne, Kostüm: Tamó Gvenetadze. Dramaturgie: Jessica Weismann.
Mit: Amedeo Gonnella, Wiktor Grduszak, Nala Klementa, Sabrina Hodapp, Lois Schofield.

Der Himmel über Tiflis

Stell dir vor, wir hätten Flügel! Dann könnten wir fliegen, wohin wir wollen!

Nach einer wahren Begebenheit, die sich 1983 in Georgien ereignet hat.

4 Jugendliche in Georgien der 80er Jahre träumen von der Freiheit. Unter der sowjetischen Regierung wird ihnen vorgeschrieben, was sie denken, fühlen und anziehen sollen. Gega, Sosso, Tina und Dato protestieren, sie tragen Jeans, hören Pink Floyd und rebellieren somit gegen das System.

Sie wollen fliehen und entschließen sich, ein Flugzeug zu entführen. Dabei gehen sie leichtfertig das Risiko ein, das Leben Unschuldiger zu gefährden.Auf dem Weg in ein neues Leben stellt sich ihnen das Regime in den Weg und alles läuft anders als geplant…
Bis heute gelten die Jugendlichen der Tiflisser Flugzeugentführung dort für manche als Terroristen und Heimatsverräter, für andere als Verzweifelte, mit dem hoffnungslosen Wunsch nach Freiheit.

Regie, Bühne, Kostüm: Tamó Gvenetadze. Dramaturgie: Jessica Weismann.
Mit: Nino Imnadze, Yoshi Goldberg, Davit Kvaratskhelia, Wiktor Grduszak, Oto Lezhava.